Wandel durch Wertschätzung
Wertschätzung braucht unterstützende Strukturen und Methoden
Im Rahmen der Blogparade „Wandel durch Wertschätzung“, zu der ich von Martina Baehr eingeladen wurde (vielen Dank!), schreibe ich hier einen Artikel über Wertschätzung in Unternehmen und welche organisatorischen Voraussetzungen es braucht, eine Grundhaltung der Wertschätzung in Unternehmen einzuführen. Das dient zweierlei Zielen:
- Die Etablierung von Wertschätzung selbst. Sie wandelt ein Unternehmen.
- Die Vereinfachung von weiterem Wandel. Eine Wertschätzungskultur macht notwendigen Wandel aufgrund von Marktveränderungen einfacher.
These:
Wertschätzung als reine Sozialkompetenz reicht nicht aus. Sie braucht Strukturen, Methoden & Prinzipien, um nachhaltig im Unternehmen Wirkung zu entfalten.
Formen der Wertschätzung
Lesen Sie hierzu den Artikel „Formen der Wertschätzung — Wertschätzung, Anerkennung, Lob„.
1. Wandel durch die Etablierung von Wertschätzung
Dazu komme ich zunächst auf die Bausteine Wirksamer Beziehungsarbeit für Vitale Unternehmen© zu sprechen. Es braucht
1. Positive Energie: Wertschätzung entsteht aus einer persönlichen Einstellung und Haltung heraus auf der Grundlage von persönlichen Erfahrungen, aus denen sich Maßstäbe bilden für die Wertigkeit von Dingen, Leistungen, Verhalten, Haltung, Charaktereigenschaften und Personen. Über diesen Prozess reift der Mensch und erlangt Selbstwert.
Ohne diesen Selbstwert und die Wertmaßstäbe entsteht keine Wertschätzung. Denn wie sollte man einen Wert einschätzen, wenn man sich keine Vergleichsgrößen erarbeitet hat? Diese Wertmaßstäbe entstehen vor allem durch persönliche Reflexion von eigenen und fremden Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Menschen.
Über diesen Weg kann man sich eine Haltung zum Umgang mit persönlicher Energie erarbeiten und sie anpassen. Wertschätzung ist eine Energie, die dauerhaft positive Resonanz und Wachstum erzeugt — zuerst bei sich selbst und durch Geben auch bei anderen.
2. Eine wertegeprägte Arbeitskultur: Aus der positiven Resonanz heraus kann es gelingen, Werte zu etablieren, die eine gemeinsame gute Arbeitskultur — also einen guten Umgang miteinander während der Zusammenarbeit — ermöglicht.
Eine gute, wertegeprägte Arbeitskultur unterstützt den wertschätzenden Umgang miteinander. Denn wie soll wertschätzendes Verhalten am Arbeitsplatz aufrecht zu erhalten sein, wenn eine nicht wertschätzende Arbeitskultur wieder alles kaputt macht?
In eine wertegeprägte Arbeitskultur fließen übrigens auch so ganz althergebrachte Dinge ein wie Integrität und „einfach“ gutes Benehmen.
3. Gewaltfreie Sprache: Eine wertschätzende Arbeitskultur kann ohne eine wertschätzende Sprache und Argumentation nicht auskommen. Ein möglicher Ansatz für wertschätzende Sprache ist die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg. Denn wie sollte es gelingen, dauerhaft wertschätzend zu kommunizieren, wenn mit Sprache Gewalt ausgeübt wird?
Die persönliche Verantwortung für gewaltfreie Kommunikation obliegt möglichst allen Individuen in einer Organisation. Und das macht es besonders schwierig. Denn wir haben alle unterschiedliche Voraussetzungen, Umfeldbedingungen (fachliche Herausforderungen, Wettbewerb, Zeitdruck, Ängste, etc.) und Lerngeschwindigkeiten.
Die gewaltfreie Sprache ist Teil einer wertegeprägten und wertschätzenden Arbeitskultur.
4. Dialog: Genauso, wie sich jeder Einzelne persönlich reflektieren muss, um für sich Maßstäbe für wertschätzenden Umgang mit anderen aus Erfahrungen ableiten zu können, muss das auch in einer Organisation zwischen den Individuen passieren. Dazu bedarf es vieler Dialoge für Reflexion und Resonanz in der Organisation.
Allgemein verbindliche Maßstäbe für wertschätzenden Umgang untereinander müssen ausgehandelt und Rückmeldungen zu Verhaltensweisen, Kommunikation und sprachlichen Inhalten eingeholt und gegeben werden. Hierbei helfen eine Fülle von verschiedensten Gesprächsformaten und -leitfäden für die unterschiedlichsten Anlässe und Zielsetzungen. Denn wie sollte man zu wertschätzendem Umgang miteinander kommen, wenn man das nie diskutiert hat?
Die verschiedenen Dialogformen sind Teil einer wertegeprägten und wertschätzenden Arbeitskultur.
5. Sozialkompetenz und Methoden: Die Fähigkeit, miteinander wertschätzend umzugehen, verlangt Sozialkompetenz. Vielleicht ist der Wille zu wertschätzendem Umgang vorhanden, aber die Realität stellt uns auf die Probe, ob wir dem eigenen Anspruch auch in schwierigen Situationen gerecht werden. Verfügen wir über ausreichend Haltung in diesen Situationen?
Mit Sozialkompetenz sind z.B. gemeint: aktiv zuhören, paraphrasieren, spiegeln, Fragen stellen, Empathie üben, integrieren und vermitteln, Ausgleich herstellen, Meinungsbildungsprozesse konstruktiv gestalten, ausreden lassen, streiten uvm.
Da wir Menschen nicht immer diesen Anforderungen genügen, ist es wünschenswert über sozial kompetente Methoden zu verfügen, die uns dazu anhalten, sozial kompetent zu agieren. Z.B. stellen wir durch solche Methoden sicher, dass in wissensorientierten Wertschöpfungsprozessen niemand übergangen wird, dass sich möglichst alle betroffenen und beteiligten Personen einbringen können, dass sie bis zu Ende angehört werden usw.
Denn was würde passieren, wenn wertschätzendes Miteinander durch den Mangel an Sozialkompetenz und ungeeignete Methodik untergraben wird?
Wesentlich an diesem Punkt ist, dass Sozialkompetenz Wert auf bessere Methoden legt und dass gute Methoden die Sozialkompetenz fördert. Sozialkompetenz und gute Methodik sind Teil einer wertegeprägten und wertschätzenden Arbeitskultur.
6. Einen unternehmerischen Bezugsrahmen sowie Bezugspersonen: Der unternehmerische Bezugsrahmen ist gegeben durch den Zweck, den das Unternehmen auf dem Markt erfüllt, seine Ziele und Strategien, den Sinn der Leistungserbringung und die Bedeutung der Leistungserbringung für Kunden, Unternehmensangehörige und andere Interessengruppen.
Oft wird behauptet, dass ein wertschätzendes Miteinander im Unternehmen nicht nötig sei, denn schließlich sei man in der Firma ja bei der Arbeit und nicht auf einer Sozialstation. Dieses Argument ist hinlänglich widerlegt.Es ist bewiesen, dass schlechte Führungskräfte
a) häufig nicht wertschätzend sind,
b) dadurch langfristig nicht effektiv und effizient wirtschaften,
c) hohe Krankenstände verursachen,
d) den hohen Krankenstand mitnehmen, wenn sie versetzt werden.Wertschätzendes Verhalten gegenüber Kunden gelingt besser, wenn auch Mitarbeiter im Inneren des Unternehmens wertschätzendes Verhalten üben.
Damit komme ich zu Bezugspersonen wie Führungskräften. Sie sind — wie z.B. auch direkte Kollegen und Mitarbeiter — hoffentlich Vorbilder in Bezug auf Wertschätzung im Unternehmen und damit die Felsen in der Brandung in einer Welt voller Umbrüche, Dynamik und Komplexität.
Sähe die Welt nicht ärmer aus, wenn wir nicht Vorbilder für wertschätzendes Verhalten hätten? Sie sind Könner höchster Reife bezüglich der ersten 5 Bausteine.Natürlich ist es schön, einem Mitarbeiter, Kollegen oder einer Führungskraft zu sagen, dass er/sie ein prima Mensch ist (Lob, Anerkennung, Wertschätzung — Was ist das eigentlich und wie geht das?). Doch bedingungslose Wertschätzung im Unternehmen führt nicht weit genug. Um diesen Unterschied deutlich zu machen, hier zwei Abbildungen:
Ohne einen unternehmerischen Beziehungsrahmen fehlen Maßstäbe für Wertschätzung in Bezug auf Resultate, individuelle spezifische Leistungserbringung und persönliche Charaktereigenschaften, die ein Mitarbeiter einbringt. Der unternehmerische Bezugsrahmen stellt Maßstäbe für Lob, Anerkennung sowie spezifische und generelle Wertschätzung zur Verfügung.
7. Prinzipien, Strukturen + Abläufe: Anhand der bisher beschriebenen Bausteine erkennen Sie, dass Wertschätzung im Unternehmen eine gesamtorganisatorische Einbettung benötigt, so auch im Bereich der Organisationsführung. Denn wozu soll Wertschätzung langfristig führen, wenn zwar wertgeschätzt wird, aber die Organisation es nicht zulässt, z.B. mitzugestalten und Mitarbeiter statt dessen nur Befehlsempfänger bleiben?
In der immer dynamischer und komplexer werdenden Arbeitswelt mit gut ausgebildeten Wissensarbeitern liegt die Leistung ja gerade in der Mitwirkung. Diese gelingt umso besser, je mehr dezentralisiert wird und im Gegenzug Vernetzung stattfinden kann. Es geht um mehr Selbständigkeit, die Ausrichtung an Marktbedürfnissen und in diesem Rahmen um Transparenz, Selbstbestimmung, Selbstorganisation, Selbstkontrolle und –steuerung zum Wohle des Unternehmens.
Letztlich geht es in vielen Arbeitsbereichen heute um unternehmerisches Handeln in kleinen Teams. Damit sich diese in dynamischen und komplexen Umfeldern (Dynaxität) nicht aufreiben, Motivation verloren geht oder sogar in Resignation umschlägt, sind also Gestaltungsfreiräume zu gewähren, deren grober Rahmen durch allgemein verbindliche Arbeitsprinzipien festgelegt wird.Wertschätzung und Anerkennung der Leistungserbringung bestehen vor dem Hintergrund dieser Dynaxität vor allem darin, WIE die Herausforderungen von jedem Einzelnen gemeistert werden,denn jede Person besitzt ein einzigartiges Stärkenprofil, das er/sie in kaum vorhersagbaren Situationen zur Entfaltung bringt.
8. Coach für Beziehungsarbeit: Auf den 8. Baustein gehe ich in diesem Artikel nicht ein.
9. Lernen, Innovieren + Veränderung:
Über alle 8 Bausteine findet Lernen in Bezug auf 3 Aspekte statt.
a) Änderung des Handelns
Wie können wir so wertschätzen, dass es ankommt und wie beabsichtigt wirkt? Darauf gehe ich im Artikel „Formen der Wertschätzung — Wertschätzung, Anerkennung, Lob?“ ein.
b) Veränderung des Denkens
Wertschätzen wir die richtigen Dinge?
c) Veränderung der Wahrnehmung
Wie entscheiden wir, was sinnvolle Wertschätzung überhaupt ist und welche Rahmenbedingungen es hierfür braucht.Wertschätzung braucht Übung. Nicht nur übt man sich miteinander, sondern es muss auch eine Verständigung darüber stattfinden, wie man es gemeinsam in der Organisation halten will und was der Wertschätzung dienlich ist und was nicht. Das ist ein Bewusstwerdungsprozess, der zunächst kognitiv verarbeitet , danach emotional verankert und schließlich von jedem selbst gelebt wird.
Zuletzt muss auch das Lernen darüber, wie man zu einer ganzheitlichen Wertschätzung über alle Bausteine gelangt, selbst erlernt werden.
Zwischenfazit
Jetzt ist klar, dass Wertschätzung
- nicht nur das gesprochene Wort sein kann (siehe Artikel), sondern auch
- ein Umfeld braucht, dass Wertschätzung ganzheitlich einbettet und über diesen Weg Demotivatoren gezielt und konsequent beseitigt.
- die konsequente Einbettung im Unternehmen selbst einen Wandel der Organisation darstellt.
- ein Unternehmen zu einer Organisation für Menschen entwickelt.
- eine wirklich umfassende Philosophie der Unternehmensführung darstellt — nämlich die Philosophie Wirksamer Beziehungsarbeit für Vitale Unternehmen©.
Meiner Erfahrung nach endet Anerkennung von Leistung und Art der Leistungserbringung sehr schnell, wenn erkannte Demotivatoren über langen Zeitraum nicht beseitigt werden, vor allem dann, wenn die Beseitigung machbar wäre. Auch die Wertschätzung der eigenen Person hat ihre Grenzen, wenn die persönliche Entwicklung im Unternehmen eingeschränkt ist.
2. Vereinfachung von weiterem Wandel
Die Etablierung von Wertschätzung in einem Umfeld von Dynamik und Komplexität macht es (wie oben beschrieben) notwendig, dass alle Potenziale aller Mitarbeiter in der gemeinsamen Kollaboration zu Entfaltung kommen können. Allein darin liegt Wertschätzung.
Wenn diese Potenziale zur Entfaltung gekommen sind und Mitarbeiter gelernt haben, mit Komplexität und Dynamik bestmöglich umzugehen, dann sind gute Voraussetzungen dafür gegeben, um auch mit weiterem Wandel umzugehen.
Wertschätzung als wesentlicher Bestandteil von Wirksamer Beziehungsarbeit hätte dann zu einem Vitalen Unternehmen geführt!
Vitale Unternehmen meistern extern induzierten Wandel signifikant besser!
Extern induzierter Wandel macht Anpassungen des Unternehmens notwendig. Beispiele hierfür sind z.B.:
- Digitaliserung, Industrie 4.0
- Änderung der Verhaltens- und Konsumgewohnheiten von Kunden
- Innovationen von typischen und atypischen Wettbewerbern
- Veränderungen des Arbeitsmarktes
- uvm.
Fazit
- Die konsequente Einbettung von Wertschätzung im Unternehmen stellt einen Wandel der Organisation dar.
- Wandel durch Wertschätzung ist ein eigenes „Projekt“, ein Entwicklungsprozess.
- Eine ganzheitlich wertschätzende Organisation ist fitter für extern induzierten Wandel.
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