Personalarbeit – Wo gehört sie hin? Wer besetzt welche Themen?

Zum Thema Personalarbeit fällt mir eine Geschichte eines Unternehmers mit ca. 20 Mitarbeitern ein, der mir vor ungefähr 5 Jahren folgendes erzählte:

„Mitarbeitergespräche? – Ja, das machen wir! Oder besser gesagt, das macht mein Berater. Ich persönlich habe das abgegeben.“

Bis heute bin ich sprachlos, weil mir nicht einleuchtet, warum man als Unternehmer eines der ergiebigsten Führungsinstrumente, die überhaupt existieren, aus der Hand gibt.

Damit bin ich beim Thema:

  • Wie lässt sich Personalarbeit richtig organisieren?
  • Wo gehört Personalarbeit hin?
  • Wie kann man sie untereinander aufteilen?
  • Wer sollte sich mit welchen Themen beschäftigen?
  • Welchen strategischen Beitrag sollte die Personalarbeit leisten?

3 Teilbereiche der Personalarbeit und Ihre Thmen

Im Wesentlichen unterteile ich nach 3 Arbeitsbereichen in der Personalarbeit. Diese enthalten eine kurze Auflistung der wichtigsten Tätigkeiten.

  • Führungsarbeit
    Kunden- und Lösungsorientierung vorleben, Personaleinstellung und -freisetzung, Ziele setzten, Strategien ausarbeiten, Umsetzung planen, Sinn stiften; Verständnis, Identifikation, Verantwortung, Initiative und Engagement herstellen; Mitarbeiter ausrichten, Wissen koordinieren, Mitarbeiter fördern und fordern, durch Mentoring und Coaching, Arbeitsmethodik vermitteln und vorleben, Arbeits- und Kommunikationskultur etablierenfür Selbständigkeit der Mitarbeiter sorgen, reifegradorientiert anleiten, trainieren, unterstützen und delegieren, Mitarbeiter und Teams einbinden und integrieren, für Kooperation sorgen, Konflikte einer Lösung zuführen, Leistung und Verhalten beobachten, beurteilen und korrigieren, Ergebnisse kontrollieren, für Selbstkontrolle sorgen, Mitarbeitergespräche und Jahresdialoge führen, Gehaltsverhandlungen, Dokumentation sicherstellen uvm.
  • Personaladministration und Lohnbuchhaltung
    Umfassende Unterstützung bei Recruiting-Maßnahmen, Personaldaten erfassen, Arbeitsvertrag und Vereinbarungen erstellen und verwalten, Einweisung in Sicherheitssysteme veranlassen und sicherstellen, Erfassung von Mitarbeitern in Personaladministrationssystemen und in der Finanzverwaltung, Erfassung in der Lohnbuchhaltung, Überwachung von Gehaltsstrukturen, Anmeldung bei Sozialversicherungen und Berufsgenossenschaften, Arbeitszeiterfassung, Verwaltung von Abwesenheiten (Krankheit, Urlaub), Verwaltung von Übersichten bzgl. Befugnissen, Zugriffen, Vertretungen und Stellenbeschreibungen, Zugang zu und Verwaltung von Fort- und Weiterbildungen, Verwaltung und Ablage sämtlicher mitarbeiterbezogener Unterlagen, Pflege von Personalakten, Einbindung in Initiativen zur Mitarbeitergesundheit uvm.
  • Strategische Personalarbeit
    Es geht um die Wettbewerbsfähig des Unternehmens auf zwei Märkten
    1. dem Absatzmarkt
    2. dem Markt für geeignete Arbeitskräfte
    Diese Personalarbeit muss sich daher mit wichtigen Trends und Herausforderungen auseinandersetzen, die auf das Unternehmen zukommen. Zu nennen sind sowohl der technischer Wandel mit seinen sozialen Innovationen wie soziale (digitale) Medien, neue Kommunikationstechniken, der Kultur- und Wertewandel, Demokratisierung von Organisation & Entscheidungen, der Umgang mit dem demografischen Wandel, Fachkräftemangel, Migration, Generation Y, Umgang mit souveräner werdenden Mitarbeitern, zunehmend diversere Talente mit entsprechend aufwendigerer Talentsuche, Zeit- & ortsunabhängiges Arbeiten, flexible Arbeitszeitmodelle, die Familienfreundlichkeit des Unternehmens, die Gesunderhaltung von Mitarbeitern und des gesamten Unternehmens, ausbalancierte psychologische Arbeitslast, Reduzierung der Belastungen aus Dauer-Reorganisation (CRM, WaWi, technischer Wandel,…), Lernende Organisation und lebenslanges Lernen, Industrie 4.0 uvm.

Es kommt auf die Unternehmensgröße an

Die Arbeitsteilung hängt wesentlich von der Unternehmensgröße ab. Bei kleinen Unternehmen werden viele Arbeiten in Personalunion von der Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater bewältigt. Dabei kommen oft wichtige strategische Aspekte zu kurz oder werden anfangs nicht benötigt.

Abb. 1: Strategische Personalarbeit sollte bereits ab 30 Mitarbeitern durch eine Fachkraft (in Teilzeit) abgedeckt werden.

Wird das Unternehmen jedoch größer und damit der Zugang zum Arbeitsmarkt und eine gelungene Mitarbeiterbindung erfolgskritischer müssen oft viele personalstrategische Fragestellungen nachgezogen werden, wie z.B. flexible Arbeitszeitmodelle, Familienfreundlichkeit, Werte- und Kulturwandel, gesundes Arbeitsverhalten, Umgang mit dem demografischen Wandel, Umgang mit Social Media usw.

In vielen Unternehmen ist die Personaldecke – teilweise durch demografischen Wandel und harten Wettbewerb – so dünn, dass personalstrategische Aspekte nicht nachgezogen werden. Es steht entweder niemand oder kaum jemand zur Verfügung, um sich diesen zukunftsorientierten Themen anzunehmen, oder es wird schlicht versäumt sich diesen Themen rechtzeitig zu widmen. So wird unter Personalarbeit oft nur der notwendige administrative Anteil verstanden. Das geht so weit, dass auch die Führungsarbeit leidet.

Die strategische Personalarbeit wird für viele Unternehmen über die Zukunft entscheiden. Stellen Sie rechtzeitig die organisatorischen Weichen.

Die Gefahren mangelnder Personalarbeit

Die folgende Liste zeigt die Mangelerscheinung, die mir bei meiner Arbeit mit Interessenten und Kunden am häufigsten begegnen und die zum Teil sehr große Probleme verursachen:

  • Zu wenig gute Fach- und Nachwuchsführungskräfte
  • Missbrauch guter Fachkräfte als Führungskräfte und umgekehrt
  • Ungenügend ausformulierte Ziele und Strategien
  • Zu wenig Informationen über gute sowie schlechte Leistung und Verhalten
  • Gründe für Demotivation werden nicht konsequent beseitigt
  • Zum Teil gar keine oder sehr schwach ausgeprägte Lern- und Führungskultur

Mit diesen Faktoren wird die Leistungsfähigkeit und die Ertragskraft eines Unternehmens erheblich geschmälert:

  • Neue Aufträge können mit dünner Personaldecke nicht so abgewickelt werden, wie es notwendig wäre.
  • Es entstehen durch hohen Zeit- und Leistungsdruck Qualitätsprobleme, die zusätzlich Druck erzeugen.
  • Umsätze und Erträge leiden, wodurch u.U. keine organisatorischen Entlastungen finanziert werden können.
  • Die Motivation sinkt auf Dauer, schlechtes Betriebsklima stellt sich ein.
  • Die ohnehin problematische Personalbeschaffung wird durch das schlechte Betriebsklima, das Bewerber u.U. mitbekommen, zusätzlich erschwert.
  • Als nächstes steigt die Krankheitsquote.
  • Es brennen nicht nur Mitarbeiter aus, sondern das gesamte Unternehmen.

Burn-out: Auch Unternehmen können ausbrennen http://t.co/uOty1rKOvu via @zeitonline

— Sven Löbel (@SysLoesungen) 10. November 2014

Wo gehört Personalarbeit hin?

Wie erwähnt, war ich durch die Ausgliederung der Mitarbeitergespräche an einen externen Berater (Beispiel am Anfang des Artikels) irritiert. Es zeigt sich, dass es nicht nur wichtig ist, sich mit genannten Themen in einem bestimmten Mindestmaß auseinanderzusetzen und dafür geeignete (der Unternehmensgröße entsprechende) organisatorische Bedingungen zu schaffen, sondern es kommt auch darauf an, wer welche Arbeit erledigt.

Abb. 2: Die Lohnbuchhaltung wird in dieser Darstellung vernachlässigt.

Führung und Mitarbeitergespräche gehören in die Linie und nicht in die Personalabteilung. Linien-Manager müssen akzeptieren, dass Mitarbeiterführung einen beträchtlichen Teil ihrer Arbeit darstellt und dass diese Verantwortung nicht delegiert werden kann!

Die Führungsarbeit in Abteilungen kommt oft zu kurz, weil insbesondere die besten Fachexperten Führungsverantwortung übernehmen. Die Wirkung:

  • Der Fachabteilung fehlt eine wichtige Fachkraft, die sich auf ihr Expertengebiet konzentrieren kann. Die Arbeitsergebnisse leiden darunter.
  • Die Abteilung erhält einen Vorgesetzten, der eben Experte auf seinem Fachgebiet ist, aber nicht über ausreichend Zeit zur Führung verfügt oder Führungsaufgaben für sich nicht als favorisierten Arbeitsbereich entdeckt. Er bleibt dann doch eher auf dem Gebiet, das er/sie gut beherrscht und wo er/sie sich Erfolge erarbeiten kann. Die Führungsarbeit leidet.
  • Das Unternehmen verringert so den eigenen Erfolg.

Viele Abteilungsleiter verspüren vor diesem Hintergrund einen Mangel an Zeit, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interesse und/oder verspüren vor den eher weichen Faktoren der Personal- und Gesprächsführung sogar Angst. Sie akzeptieren nicht ihre volle Verantwortung für Führung (Leadership) und das Management von Mitarbeitern und wenden sich lieber an die Personalabteilung (sofern es diese gibt) nach dem Motto: „Die werden es schon richten.“  Auf diese Weise entsteht ein wahrnehmbares Führungsvakuum, dass sich negativ auf Mitarbeiter, deren Leistungsfähigkeit und die Unternehmensergebnisse auswirkt.

Why Managers and HR Don’t Get Along – @HarvardBiz http://t.co/xE6cdwfylH — Sven Löbel (@SysLoesungen) 5. August 2014

Strategische Personalarbeit ist nicht der Unternehmensstrategie untergeordnet. Im Gegenteil: Sie benötigt Einfluss auf die Formulierung der Gesamtstrategie.

Diese Aussage beleuchtet ein Problem von zwei Seiten:

  1. Die Einstellung vieler Geschäftsleitungen zu Ihren Personalern und deren Arbeit
  2. Die Einstellung vieler Personaler/innen zu Ihrer Arbeit und ihrem Problem, sich nicht durchsetzen zu können

Personalverantwortung: Mitarbeiter sind zweitrangig? Personaler machen sich überflüssig??? http://t.co/tnCEP3pVxv — Sven Löbel (@SysLoesungen) 26. Juli 2014

Zunächst zu Punkt 2: Die Einstellung der Personaler und ihr Durchsetzungsproblem

Viele Personaler/innen haben zu wenig Verständnis für das Geschäft, das ihr Unternehmen betreibt und den Druck, den es auf Geschäftsleitung und Mitarbeiter ausübt. Personal-Profis müssen mehr Verständnis aufbauen und die Herausforderungen, die Managern zu bewältigen haben, besser würdigen. Damit sollten solche Aussagen wie die einer Personalerin aus dem Raum Nagold auf einer Netzwerkveranstaltung 2010 der Vergangenheit angehören:

„Was wir machen? – Ja, ähm… wir… ähm… äh… sind verantwortlich, dass das mit dem Personal alles in Ordnung geht. Recruiting, Einarbeitung….“

„Danke! Aber was macht Ihr Unternehmen genau?“

„Na ja, wir machen so Sachen mit IT-Services. Unser Chef könnte das jetzt ganz gut beschreiben, aber leider ist er heute nicht da.“

Dr. Christian Scholz, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation und Personalmanagement, formuliert 7 Grundpostulate für gute Personalarbeit.

Abb. 3: Quelle: Christian Scholz: Personalmanagement, 5. Auflage; (Vahlen) München 2000

Von besonderer Bedeutung ist hier die Akzeptanzsicherung. So ist die Akzeptanz der Personalarbeit bei Mitarbeitern, Managern und der Geschäftsleitung besonders groß, wenn folgende 5 Bedingungen gleichzeitig gegeben sind:

  1. Es besteht ein echter Problemdruck. Es braucht dringend eine Lösung.
  2. Die Personaler bieten eine Lösung an, die hilft, das Problem mit hoher Effektivität zu lösen und das auch mit vertretbarem Aufwand, also hoher Effizienz. Beispiel: Es gelingt eine vakante Stelle, die lange unbesetzt war, zügig und optimal zu besetzen.
  3. Es gibt jemanden, der die Lösung mit Fachexpertise herbeiführen kann, und es gibt jemanden, der die Lösung machtvoll durchsetzt. Diese Person kommt evtl. aus der Geschäftsleitung
  4. Es gibt durchgängige Arbeitsprozesse, die von Anfang bis Ende störungsfrei funktionieren. Das sollte auch in der Personalarbeit gelingen.
  5. Die auf diese Weise gestaltete Personalarbeit, darf keine (Kompetenz-)Angst auslösen, z.B. bei der Geschäftsleitung, die fürchtet, Ihr würde die Butter vom Brot geklaut werden.

Das alles stellt sicherlich einen Balanceakt dar. Dieser kann gelingen, wenn die Geschäftsleitung ihren Teil dazu beiträgt.  

Zu Punkt 1: Einstellung der Geschäftsleitung

Die Geschäftsleitung braucht Personaler/innen, die aktiv Wissen in das Unternehmen hineintragen, weil der Wandel, dem wir alle unterworfen sind, derartig dynamisch erfolgt, dass selbst Berater Mühe haben, alle neue Trends richtig zu bewerten, um daraus realistische Handlungsempfehlungen zu generieren. Kleine Unternehmen werden sicherlich keinen eigenen Mitarbeiter für dieses Ressort einstellen wollen, aber es ist überlegenswert, ob man nicht punktuell auf Berater zugreift und eine(n) Teilzeit-Personaler/in bereits ab 30 bis 50 Mitarbeiter engagiert anstatt erst ab 100 Mitarbeitern, wie früher üblich.  

Was muss Personalarbeit noch leisten?

Die Personalarbeit muss Trends aktiv aufgreifen, anstatt ihnen hinterherzulaufen. Für kleine Unternehmen stellt sich die Problematik dabei nicht so dringend wie den größeren Betrieben ab ca. 50 Mitarbeiter, die am Markt bereits etabliert sind. Viele Trends wurden oben bereits erwähnt, so dass sie hier nicht nochmals erwähnt werden sollen. Als weiterführenden Artikel verweise ich auf folgenden Tweet (wobei ich mich ausdrücklich nicht auf die DAX-Unternehmen beziehe!):

Zukunftsforum Personal 2014: Sattelberger fordert HR 4.0 – HR-Management – Personal – haufe.de http://t.co/S5TsTN6AIc — Sven Löbel (@SysLoesungen) 5. August 2014

Meiner Meinung nach ist dieses Thema für viele Unternehmen höchst relevant. Wie denken Sie darüber? Mit welchen Themen haben Sie zu kämpfen? Sie können uns gerne auch anonym schreiben oder darum bitten, dass Ihr Kommentar nicht veröffentlicht wird. Wir werden es beherzigen.

Sven Löbel
+49 7452 8444001